Das Chronic Fatigue Syndrom …(CFS)

ist es eine eigene Krankheit oder nur ein Symptom einer anderen? Es gibt viele Ursachen, die zu chronischer Müdigkeit führen können. (fatigue: frz. müde)

Seit COVID ist CFS viel häufiger geworden. Wesentlich mehr Menschen leiden darunter. Die Gesundheitsbehörden und die weltweite Forschung befassen sich mehr damit, als früher, aber es ist noch ein weiter Weg zu fundierter Diagnostik und sicherer Therapie.

Lesen Sie hier Überlegungen zu notwendigen Untersuchungen und Therapie. Wir können keine Heilung versprechen, denn die medizinische Forschung bietet noch nicht die Grundlagen dazu. Aber wir können Sie ein Stück begleiten, Ihre bisherigen Überlegungen validieren und vielleicht so manchen zusätzlichen Input bieten.

Müdigkeit, Erschöpfung …

… sind Zustände, die nach körperlicher, aber auch nach geistiger Anstrengung normal, ja erwünscht sind. Schlaf, Urlaub und Erholung bringen Besserung. Aber viele Menschen, je nach Berufs- und Bevölkerungsgruppe, emotionalem Stress, Wohnbereich und Lebensumständen, – seit COVID bis zu 15 % aller Erwachsenen und sehr viele Jugendliche – leiden an einer chronischen Müdigkeit, die weder mit ausreichend Schlaf, Urlaub, Erholung noch mit Entspannung besser wird. Zusätzlich kommen Kopf-, Muskel-, Gelenks- und Halsschmerzen sowie Schwellungen der Lymphdrüsen vor. Ist bei genauer Durchuntersuchung keine körperliche Krankheit zu finden, spricht man vom

Chronic Fatigue Syndrom (CFS)

Der Name besagt nichts anderes als eine Beschreibung des Zustandes chronischer Müdigkeit. Ein zusätzliches charakteristisches Symptom ist die PEM (postexertionelle Malaise) oder auch „Crash“. Das bedeutet, dass man Stunden (oder auch erst am nächsten Tag) nach einer mäßigen, früher ganz normalen Anstrengung ein heftiges Erschöpfungsgefühl, Mattigkeit, Schmerzen, ja das Gefühl von Krankheit spürt. Dies kann mehrere Tage dauern.

Es wurden vielerlei Ursachen diskutiert, vor allem virale und Mykoplasmen-Infektionen, aber der genaue Ablauf ist noch nicht bekannt.

Seit der Pandemie hat sich die Zahl der Erkrankten vervielfacht. Nun gibt es zahlreiche wissenschaftliche Studien, wobei nicht nur virale Erkrankungen oder Infektionen eine Rolle spielen, sondern auch Traumafolgestörungen und Belastungen, die durch die Pandemie entstanden sind, die teilweise als Burnout im weiteren Sinn einzustufen sind.  Für Sie ist wichtig, dass es inzwischen mehr Wissen dazu gibt und mehr Ärzte, die bereit sind körperliche und psychische Krankheiten, die zu CFS führen, auffinden und behandeln!

Körperliche Ursachen

Natürlich gibt es sehr viele körperliche Krankheiten, die Müdigkeit und Leistungseinbußen verursachen können. Kurz erwähnt sei Zuckerkrankheit, Blutarmut (Anämie), Nierenleiden (chronisches Nierenversagen), Lungenemphysem und Herzschwäche, besonders bei älteren Menschen. Aber auch chronische Entzündungen, Auto-Immunerkrankungen, Hormonstörungen (Schilddrüse) und nicht zuletzt auch Tumoren kommen als Ursache für chronische Müdigkeit infrage. Diese Erkrankungen bewirken entweder durch einen größeren Energieverbrauch (Tumoren, Entzündungen) oder durch einen mangelhaften Transport der wichtigsten Energieträger, Zucker und Sauerstoff, (Anämie, Diabetes, Herz- und Lungenschwäche), dass in den entscheidenden Zentren des Gehirns zu wenig Energie zur Verfügung steht und daher Müdigkeit und Schlafbedürfnis angesagt ist.

Zusätzlich wurde bei vielen Menschen mit chronischer Müdigkeit ein Mangel an Vitamin D im Blut festgestellt. Die Substitution mit diesem bringt oft eine Verbesserung des Befindens. Vitamin D (Cholecalciferol) wird in der Haut unter Einwirkung von UV-Licht aus den unwirksamen Vorstufen gebildet und bisher wurde es vorwiegend mit dem Knochenwachstum in Verbindung gebracht. Offenbar hat es noch andere Funktionen. Es lässt daraus schließen, dass wir zu wenig im Freien unterwegs sind, wenn wir Vitamin-D-Mangel haben.

Wie kommt es zu Energieschwäche bei seelischen Erkrankungen?

Psychische Erkrankungen und falsche Lebensgewohnheiten führen wesentlich häufiger zu körperlicher Müdigkeit als körperliche dies tun. Die Wurzel aller Erholung ist der Schlaf. Aber selbst wenn der Schlaf von der Gesamtdauer ausreichend wäre, kann die Qualität des Schlafes sehr stark variieren. Äußere Einflüsse wie Lärm, Qualität des Bettes und die Raumtemperatur können die Schlafqualität verschlechtern. Innere, unbewusste Anteile und Problembewältigung haben bekanntermaßen große Einflüsse auf unsere Schlafqualität.

Größere Mahlzeiten vor dem zu Bett gehen und vor allem auch Alkoholgenuss stören die Schlafarchitektur empfindlich. Aber nur eine intakte Abfolge der einzelnen Schlafstadien, ausreichende Tiefschlaf- und Traumphasen ermöglichen, im Schlaf wirkliche Erholung zu finden.

Bei psychischen Krankheiten, vor allem bei Depressionen ist diese Schlafarchitektur stark beeinträchtigt, auch wenn die Brutto-Schlafzeit genügend sein sollte. Hinzu kommt, dass manche Medikamente, besonders die sog. Schlaf- und Beruhigungsmittel, den Schlaf zwar in der Summe vermehren, die Qualität aber verschlechtern.

Energiefresser im Alltag

Müdigkeit beim CFS wird aber nicht nur durch bewusste oder unbewusste Schlafstörungen verursacht:
Genauso wie bei manchen körperlichen Krankheiten viel Energie für Leistungen verbraucht wird, die nicht erforderlich sind oder sogar schädlich (wie etwa die Aufrechterhaltung einer Entzündungsreaktion), so können psychische Probleme sehr viel Energie binden oder verbrauchen.

Man spricht beispielsweise von „Trauerarbeit“: Durch den Verlust eines geliebten Menschen fühlt man sich mitunter müde und schwach. Innere Vorgänge, Verarbeitungsmechanismen verbrauchen sehr viel Energie. Diese psychische „Arbeit“ hat aber Sinn und bringt den Trauernden dazu, in seiner Welt ohne dem Verstorbenen zurechtzukommen.

Bei Angst- oder Zwangsneurosen liegt aber ein anderer Energiefresser vor: Der Mensch, der an seinen Ängsten oder Zwängen leidet, baut eine Welt von angst-mindernden Handlungen auf, die sehr viel Zeit und Energie in Anspruch nehmen.
Jemand, der z.B. Angst vor Infektionen hat, muss sich besonders oft waschen und wendet seine Energie für 50 bis 100 Waschungen pro Tag auf. Genauso kann jemand mit einem Sperrzwang kaum seine Wohnung verlassen, da er immer wieder kontrollieren muss, ob er die Tür nicht unversperrt gelassen hat. Wenn diese Zwangshandlungen nicht durchgeführt werden, laufen alles Systeme auf Hochtouren, um die damit verbundenen Ängste abzuwehren. Die Folge ist wieder: Erschöpfung.

Diese Beispiele sind besonders krass, aber in stark abgeschwächter Form kennen wir alle solche Gefühle. Zum erhöhten Energieverbrauch durch aufwendigere Manöver, die einem unbewussten Drang nachgeben, ist es dann ein kleiner Schritt.

Ein weiterer Energie-Groß-Verbraucher ist das Zögern vor einer Entscheidung. Es kann Menschen arbeits- und handlungsunfähig machen. Wenn aber jeder noch so kleine Schritt, jede Handlung zum Problem wird, sind Müdigkeit und Rückzug ins Bett nicht nur die logische Konsequenz, sondern manchmal auch die einzige Möglichkeit den Problemen zu entkommen.

Behandlung – aber wie?

Aus dem bisher gesagten erscheint es logisch, dass jeder Mensch der an chronischer Müdigkeit leidet, sehr genau untersucht werden muss.

Wird eine körperliche Ursache gefunden, sollte diese zunächst behandelt werden.

Bei seelischen Problemen ist ebenso Hilfe möglich:

Die Hilfe besteht aus Psychotherapie, die ganz individuell die krankmachenden seelischen Mechanismen aufdecken und neutralisieren kann. Diese Therapie wird meist zu Beginn aus Einzelgesprächen (Gesprächstherapie, systemische Therapie, analytische Therapie) bestehen. Später kann mit Gruppentherapie die Veränderung im kleinen Rahmen erprobt, geübt und etabliert werden.

In manchen Fällen können auch Medikamente helfen. Moderne Antidepressiva bewirken mitunter eine Verbesserung der Müdigkeit, wenn eine depressive Müdigkeit (z.B. Rückzugsbedürfnis) vorliegt. Sie nehmen aber auch Ängste und steigern die Bereitschaft, Neues kennenzulernen.

Besonders wenn Müdigkeit Zeichen eines depressiven Rückzugs ist, kann das Antidepressivum viel bringen. Die fachärztliche Verordnung und engmaschige Kontrolle sind aber Voraussetzung für eine sichere Therapie. Gerade bei chronischer Müdigkeit ist die Therapie mitunter schwierig, eine große Herausforderung an den erfahrenen Arzt und Medikamente sind größtenteils nicht der einzige Behandlungsweg. Aber die guten Erfolge bestätigen unser Konzept – Antidepressiva, Soziotherapie und / oder Psychotherapie.

Wenn die Diagnose wirklich „CFS“ lautet?

In den USA leiden – so belegen größere Feldstudien – etwa 800.000 Menschen am Chronic-Fatigue Syndrom im engeren Sinn, also nicht an einer der hier beschriebenen anderen körperlichen Erkrankung und auch nicht an einer psychischen Krankheit.

Diesen Menschen kann manchmal eine Blutuntersuchung Klarheit verschaffen. Gelegentlich wird durch ein umfassendes Therapiekonzept mit Antibiotika- und Psychopharmaka-Therapie und Psychotherapie eine Hilfe möglich werden. Es ist klar, dass es nicht leicht ist, Menschen mit so ausgeprägter Müdigkeit zu Untersuchungen und Behandlung zu motivieren, noch dazu, weil diese Erkrankung in den sozial schwächeren Schichten wesentlich häufiger auftritt und daher die Finanzierung der Therapie auch ein Problem darstellt.
Aber wenn es Klarheit und ein therapeutisches Konzept gibt, sollte man diese Chance sollte man nützen!

Wichtig: bei chronischer Müdigkeit ist es wichtig, den Ärzte anzusprechen, die dies routiniert behandeln und Erfahrung haben. Eine umfassende körperliche, neurologische und psychiatrische Untersuchung ist angezeigt. Die Behandlung aller mit chronischer Müdigkeit einhergehender Erkrankungen ist durch den Facharzt möglich und am raschesten zu erreichen.