Anorexie und Bulimie / Essstörungen

Medizinische Betreuung und Therapie:

Fragen und Antworten zum Thema

Untergewicht, rasche Gewichtsabnahme und häufiges Erbrechen können schwere, lebensbedrohliche Krankheiten verursachen. Verätzungen der Speiseröhre und der Mundhöhle, Zahnausfall, Elektrolyt-Störungen, Muskelschwäche und Nervenlähmungen können auftreten. Diese Krankheiten sind nicht selten die ersten Signale an die Mitmenschen, dass die/der Betroffene an einer Essstörung leidet. Nicht günstig ist es nur, die körperlichen Folgen des Erbrechens zu behandeln und die Ursache weiter bestehen zu lassen. Aber die körperlichen Symptome müssen behandelt werden, sonst besteht unmittelbare Lebensgefahr.

Body-Mass-Index: die magische Zahl, wenn es um Ernährung geht. Der BMI drückt das Verhältnis von Körpergröße zu Gewicht aus. (Kg Körpergewicht / Quadrat d. Körpergröße in m) Als normal wird ein BMI zwischen 19 und 25 angesehen. BMI-Werte unter 15 können lebensbedrohliche Magerkeit zeigen. Manche Therapieformen sind in diesem Bereich nicht mehr möglich. Bei Anorexie, bei extremem Untergewicht wird eine stationäre Aufnahme nötig, um lebensgefährliche Situationen abzuwenden. Gerade die Gewichtszunahme von einem BMI unter 13 auf 15 hat so manche Tücke und muss unter medizinischer Überwachung erfolgen. Das ist eine internistische Notfallmaßnahme. Bei BMI über 15 haben Aufenthalte zur stationären Psychotherapie (Gruppentherapie, Einzeltherapie und Ernährungsschulung) erst wirklich Sinn.

Medikamentöse Therapie

Die Ursachen-spezifische medikamentöse Therapie der Essstörung ist derzeit nicht möglich. Aber dennoch gibt es gute unterstützende Pharmaka, die den Verlauf bremsen und die Psychotherapie erleichtern. Der erfahrene Facharzt hat hier verschiedene wirkungsvolle Instrumente, der/dem Betroffenen zu helfen. Aus meiner Erfahrung gibt es praktisch keine Betroffene, die nicht zumindest zeitweise eine Depression hätte und die Behandlung tut einfach gut. Bei manchen Essstörungen steht ein richtiges „Suchtverhalten“ im Vordergrund, das behandelt werden kann, und auch hier gibt es hilfreiche Medikamente. Nicht selten liegt einer Essstörung eine schwere psychische Verletzung zugrunde. Es kann vorkommen, dass ein Teil der Persönlichkeit hungern möchte, während der Rest sich gesund ernähren möchte. In diesen Fällen ist eine sehr intensive Begleitung und meist auch medikamentöse Therapie sinnvoll.

Therapie:

Da das Essen ein existentieller Bestandteil unseres Lebens ist, gehört auch die Behandlung von Essstörungen zu den ganz grundlegenden Veränderungskonzepten und stellt an die Betroffenen wie auch an die Therapeutinnen und Ärzte die höchsten Anforderungen.

Damit sind die Erfolgschancen für eine zeitlich begrenzte Therapie sehr bescheiden. Auch eine stationäre Therapie kann in wenigen Wochen nur sehr selten die grundlegende Weichenstellung ermöglichen.

Zum Unterschied von einer akuten somatischen Erkrankung, wie z.B. einer Lungenentzündung oder einem Herzinfarkt, kann die stationäre Therapie einer Essstörung nur ein Teil eines therapeutischen „Mosaiks“ sein, nicht aber die Grundlage oder der Ausgangspunkt der Heilung.

Das Wesen der „Therapie“ ist ein Wunsch und der Mut zur Veränderung. Es gehört sehr viel dazu, ein langjähriges – wenn auch schädliches, aber doch vertrautes – Verhalten aufzugeben und sich Neuem zu öffnen. Psychotherapie, einzeln und in Gruppen, Schulungen, viel aktives Auseinandersetzen mit sich selber sind die Basis. Medikamente oder stationäre Therapie lediglich die Ergänzung.

Ein erster Schritt muss getan werden: Essstörungen sind schädlich für die Gesundheit von Körper und Seele und manchmal auch tödlich. Gehen Sie in Beratung – es gibt Hilfe. Ob Facharzt, Psychotherapeutin oder Frauenberatungsstelle, Sie als Betroffene und Sie als Angehörige sind nicht allein, nehmen Sie die Hilfe an!