Depression – Fragen und Antworten

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Warum soll mein Vater Lithium erhalten?

Frage

Sehr geehrter Herr Doktor,

ich habe mit Interesse Ihre Internetseite gelesen. Mein Vater leidet unter Depressionen und soll vielleicht „Lithium“, eine Art ‚Salz‘ – wie der Arzt erzählt – erhalten. Leider erhalte ich über das Internet keinerlei Informationen darüber und möchte Sie daher bitten, wenn es kostenlos ist, mich darüber zu informieren.

Für Ihre Mühe im Voraus vielen Dank.

Meine Antwort

Liebe Frau xxx,

jetzt habe ich ein bisschen Luft, Ihnen zu antworten.

Lithium ist ein Element, das wie Natrium Salze bildet und in wässriger Lösung als Ion (elektrisch geladenes Teilchen) vorliegt. So wird es statt Natrium in die Nervenzellen eingebaut und verändert deren elektrische Erregungsbereitschaft. Dadurch wirkt es auf bestimmte Zentren im Gehirn beruhigend und stabilisierend.

In der Psychiatrie wird Lithium seit über 40 Jahren mit großem Erfolg zur Abschwächung von manischen und depressiven Stimmungsumschwüngen in der schweren bipolaren Depression (Manisch-Depressive Erkrankung, endogene Depression, MDK) eingesetzt. Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Müdigkeit (mit der Dauer der Behandlung rückläufig) und von der Dosis abhängig Zittern der Hände. Kann viele Jahre hindurch ohne Schaden eingenommen werden, einziges Problem: Dosis bzw. der Blutspiegel muss sehr genau eingehalten und daher immer wieder kontrolliert werden. Wenn jemand während Lithium-Therapie Gewicht abnimmt bzw. zu wenig trinkt, kann es zu Überdosierungen kommen.

Ich hoffe Ihnen damit hilfreich zu sein

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Possnigg

Meine Mutter kapselt sich total ab!

Frage

Sehr geehrter Herr Dr. med. Possnigg!

Mit Ihrer Homepage haben Sie mich ermuntert, Ihnen zu schreiben. Ich bin 20 Jahre, und es geht um meine Mutter. Sie arbeitet in einem Büro. Sie hatte schon gesundheitliche Probleme. In den letzten Monaten geht es ihr nicht gut, und es wird immer schlechter. Zur Zeit muss sie noch Tabletten einnehmen. Sie wird andauernd von Panikattacken, Angstzuständen, Atemnot, Herzrasen, Migräneanfällen und vieles mehr geplagt. Sie isoliert sich total, und kapselt sich von allen anderen ab. Sie hat auch jegliches Interesse an Dingen, welche ihr wichtig waren, verloren. … und mein Vater ist kaum zu Hause. Sie ist, glaube ich, sehr einsam. Jeder Arzt, bei dem sie war, findet keinen Grund für diese Anzeichen, und verschreibt ihr nur weitere Tabletten gegen Panikattacken und Angstzustände. Bei einem richtigen Psychiater war sie noch nicht. Ich habe Angst, dass sie sich aufgibt. Ich will ihr mit allen Mitteln helfen, und ich hoffe, Sie können mir einen Tipp geben!

Vielen Dank im Voraus.

Meine Antwort

Liebe Frau xxx,

wie Sie schreiben, ist das Problem der Mutter, die ja eigentlich sehr jung ist, ganz eindeutig auf der systemischen Ebene. Sie hat immer für die Kinder gesorgt, und die werden nun erwachsen und sind weniger vorhanden.

Zusätzlich mag vielleicht das Büro und ihr Beruf stressiger geworden sein, bringt sicher nicht die Erfüllung und den Kontakt, den sie braucht. Aus dem heraus entstehen Depression und Panik, die ein Symptom dafür scheinen, dass es ihr insgesamt nicht gut geht. Ich glaube auch, dass Medikamente nur ganz oberflächlich wirken und nicht an der Basis helfen können. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, dass sie Anschluss in Ihrem Freundeskreis bekommt oder ein altes Hobby wieder aufleben lässt. Viele Menschen haben in diesem Lebensabschnitt eine Krise (Midlife-Crisis).

Wenn sie sich aber wirklich etwas Gutes tun will, sollte sie die Möglichkeit einer Psychotherapie erwägen oder zumindest einige eingehendere Gespräche mit einem psychotherapeutisch orientierten Arzt führen.

Gerne stehe ich zur Verfügung, wenn die Entfernung für die Mutter zumutbar ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Possnigg

Meine Eltern erachten Psychologen, Psychotherapeuten für sinnlos!

Frage

Sehr geehrter Herr Doktor Possnigg!

Ich leide seit ca. 6 Monaten unter schweren Depressionen. Ich hab plötzliche Stimmungsschwankungen, große Schlaf- und Essstörungen, Konzentrationsmangel, Minderwertigkeitskomplexe und sogar ein paar Selbstmordgedanken. Ich habe den Willen, diese Krankheit zu bekämpfen, weiß aber nicht wie. Ich habe nämlich außer meinen Depressionen auch noch relativ große Ängste, z. B. sich allein auf die Straße trauen, allein U-Bahnfahren, also alltägliche soziale Situationen. Ich habe mich bis jetzt nicht getraut, mit jemandem darüber zu reden, weil meine Eltern Psychologen, Psychotherapeuten für sinnlos erachten, weil für sie eine Depression einfach zum Leben dazugehören. Kurz ein paar Dinge noch zu mir: Ich bin 20 Jahre alt, zurzeit Student, habe ein paar Hobbys: Fußball spielen, Musik hören, Gitarre spielen, Internet surfen.

Ich würde mich sehr über Ihre Antwort freuen und verbleibe

Mit freundlichen Grüssen.

xxxx

Meine Antwort

Lieber Herr xxxx,

es ist sehr positiv und durchaus sinnvoll, dass Sie dieses Mail über seelischen Probleme verfasst haben. Auch wenn in ihrer Familie das anders gesehen wird, die von Ihnen beschriebenen Symptome sind Teil einer (behandelbaren) Krankheit, keinesfalls aber Zeichen von Charakter- oder Willensschwäche. Auch wenn Ihre Eltern vielleicht an Ähnlichem litten, Sie entscheiden über Ihr Leben. Depression und Angst werden subjektiv erlebt und niemand anderer weiß, wie es Ihnen wirklich geht. Daher können andere Menschen, auch wenn Sie Ihnen nahe stehen, Ihre Erkrankung nicht begreifen. Die Symptome hemmen Sie in ihrer persönlichen Entwicklung, vielleicht auch im Studienfortgang und sollten daher unbedingt behandelt werden.

Sicherlich ist es sinnvoll, mit dieser Symptomatik zu einem Neurologen oder Psychiater zu gehen, in der Folge wahrscheinlich auch in Psychotherapie. Nehmen Sie daher die Dinge in die Hand, es kann nur für Sie von Vorteil sein.

Mit herzlichen Grüßen,

Dr. Possnigg

Mein Kollege leidet an Depressionen!

Frage

Guten Tag,

da ich im Internet nun schon seit längerem Information zum Thema Manie und Depression suche, möchte ich es heute versuchen mich an Sie zu wenden. Auf einige Fragen finde ich nämlich überhaupt keine Antwort.

Ich habe einen Kollegen, der wie er selbst zugibt, unter starken Depressionen leidet. Alle Symptome bis hin zu den Suizidversuchen bestätigen dies auch vollkommen. Seit 2 Wochen jedoch ist er wie verwandelt. Er ist laut, unhöflich, verschwenderisch, aggressiv, sehr fröhlich und er genießt es, die Leute zu provozieren. Auch hat er seit 2 Wochen keine Arbeit verrichtet. Er telefoniert mit Freunden, läuft pfeifend durch die Gänge und redet in einem Fort. Nun beginnen bereits die Schwierigkeiten, denn sein Chef hat ihm eine mündliche Abmahnung erteilt. Das belastete ihn gestern, aber heute ist es ihm vollkommen egal. Da mich diese Sache sehr belastet, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir antworten könnten.

Vielen Dank im voraus

xvxv

Meine Antwort

Liebe Frau xvxv,

was Sie schreiben weist sehr wohl darauf hin, dass Ihr Kollege an einer zyklischen, bipolaren Erkrankung (früher: manisch-depressives Kranksein) leidet. Er sollte auch unbedingt ärztliche Hilfe aufsuchen, obwohl dies in diesem Zustand unlogisch erscheint, weil es ihm ja gut geht. Ich beantworte Ihre Fragen gleich im Text.

Ist das normal?
Diese Symptome weisen auf eine manische Phase hin, gehören alle dazu. Sie sind für Maniker „normal“ oder besser gesagt „typisch“.

Wie lange dauert so eine manische Phase?
Offenbar ist die Phase erst am Beginn. Sie kann einige Wochen dauern, wenn er schon früher solche Phasen hatte, kann man besser abschätzen, wie lange sie dauern wird.

Was können wir tun?
Nicht viel, er wird relativ wenig beeinflussbar sein, Krankheitseinsicht gibt es nicht in dieser Phase.

Kann er gefährlich werden?
Wenn er leicht reizbar ist vielleicht, in geringem Maße. Aber eher sind seine Probleme Schlaflosigkeit und „zu viel Geld ausgeben“ – etwas, das ihn selbst schädigt.

Was sollte man auf keinen Fall tun?
Mit ihm streiten, seine Großzügigkeit ausnützen bzw. ihn aus dem Berufskontext ausschließen. Seine depressive Phase kommt früh genug, und wenn er dann wenig Ressourcen oder Fixpunkte hat, ist ein Selbstmord nicht unwahrscheinlich.

Inwiefern versteht er seine Lage überhaupt?
Wie gesagt, der Maniker hat wenig „Krankheitseinsicht“. Das bedeutet auch, dass ärztliche Behandlung sehr schwierig ist. Wenn überhaupt, kann er nur über die Schiene beeinflusst werden, indem man ihm die Schädlichkeit seines Verhaltens (Schlafstörung, Rauchen, Alkohol) erkennen lässt.

Ich möchte Ihnen noch sagen, wie wichtig es ist, dass Sie sich so um den Kollegen sorgen, ich finde das ganz toll.

Viel Erfolg und alles Gute

Dr. Possnigg

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